Gedenktafeln an der Untersuchungshaftanstalt

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  • Wandert man durch die schöne Grünanlage Planten un Blomen, kann es sein, dass man über diese drei schlichten Tafeln stolpert. An der Rückwand der Untersuchungsanstalt an der Holstenglacis sind sie angebracht und erinnern an die Gräueltaten der Nazis, die hinter diesen Mauern stattfanden. Die erste Tafel erklärt, dass in der Zeit von 1933 bis 1945 im Hof des Gefängnisses beinahe 500 Menschen enthauptet wurden. Das Fallbeil wurde denen zum Verhängnis, die sich am europäischen Widerstand gegen die deutsche Okkupation und Kriegsführung beteiligt hatten. Die beiden weiteren Blechtafeln gedenken an einige Opfer im Besonderen.

    Die Französin France Bloch-Sérazin studierte Physik und Chemie in Paris. Als Frankreich im Juni 1940 von Nazi-Deutschland eingenommen wurde, organisierte sich die junge Mutter im militanten Widerstand. Nachdem sie Bomben gebaut hatte, wurde sie 1942 von der französischen Polizei festgenommen und nach Lübeck transportiert. Auf französischem Boden durften keine Frauen hingerichtet werden. So fand France Bloch-Sérazin ihr Schicksal Anfang 1943 im Hof des Untersuchungsgefängnisses Hamburg.

    Suzanne Masson war ebenfalls französische Widerstandskämpferin. Die Kommunistin verlor aufgrund ihrer Überzeugung ihre Arbeit als Industriezeichnerin. Masson wurde 1940 in Paris verhaftet, nachdem sie Flugblätter verteilt hatte. Sie war am Aufbau der Résistance-Gruppe im nördlich von Paris gelegenen La Courneuve beteiligt. Masson kam im Juni 1943 ebenfalls nach Lübeck, wo sie zweimal zum Tode verurteilt wurde. Der 1. November 1943 war der Tag, an dem das Fallbeil im Hof der Untersuchungsanstalt an der Holstenglacis ihr Leben beendete.

    Neben den beiden Frauen befindet sich eine weitere Tafel mit den Porträts und Namen von Johannes Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl-Friedrich Stellbrink. Die ersten drei waren katholische Priester, Stellbrink evangelischer Pastor. Sie sollten bekannt werden als die so genannten Lübecker Märtyrer.

    Stellbrink, der mit den Priestern befreundet war, hielt am Palmsonntag 1942 eine Predigt in der Lutherkirche, die jedoch falsch ausgelegt wurde. Daraufhin wurde er am 7. April 1942 verhaftet und wegen “landesverräterischen Feindbegünstigungen”, der “Wehrkraftzersetzung” sowie weiterer “Vergehen” angeklagt und zum Tode verurteilt. Der ursprünglich aus Münster stammende Karl-Friedrich Stellbrink wurde am 10. November 1943 durch das Fallbeil umgebracht.

    Der Hamburger Priester Johannes Prassek machte nie einen Hehl aus seiner Verachtung gegenüber dem Nazi-Regim. Er lernte Polnisch, um polnische Zwangsarbeiter seelsorgerisch zu betreuen. Er wurde denunziert und am 18. Mai 1942 festgenommen. Prassek blieb seinen Werten auch im Prozess treu und bekannte sich zu seiner Kritik am Nationalsozialismus. Er wurde ebenfalls am 10. November durch die Guillotine ermordet.

    Eduard Müller war gerade zwei Jahre im Priesteramt. In Lübeck betätigte er sich in der Jugendseelsorge. Er lehnte eine Zusammenarbeit mit der Hitlerjugend ab und sprach auf Gruppenabenden offen die Sinnlosigkeit des Kriegs an. Verhaftet wurde Müller kurz nach Stellbrink. Den Lübecker Märtyrern wird u.a. das „Vergehen gegen das Rundfunkgesetz“ vorgeworfen. Alle vier Geistlichen hörten den deutschsprachigen Dienst des englischen Rundfunks – was verboten war. Zusammen mit seinen Freunden wurde er am 10. November in Hamburg hingerichtet.

    Der Jüngste unter den Märtyrern, Hermann Lange, stand von Anfang an dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber. Lange verteilte Flugblätter und NS-kritische Schriften. Nach einer Hausdurchsuchung wurde er schließlich – nachdem er denunziert wurde – am 15. Juni 1942 verhaftet. Nie leugnete er seine ablehnende Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber. Nachdem man ihn zunächst in Lübeck inhaftierte, kam er zusammen mit seinen Freunden Prassek, Müller und Stellbrink nach Hamburg, wo auch er am 10. November 1943 hingerichtet wurde. Lange wurde, wie seine beiden katholischen Kollegen, am 25. Juni 2011 seliggesprochen.

    Auf der linken Tafel steht:

    Während der nationalsozialistischen Herrschaft 1933-1945 wurden im Hof des Untersuchungsgefängnisses Holstenglacis 3 fast 500 Menschen enthauptet.

    Frauen und Männer, die sich am europäischen Widerstand gegen die deutsche Okkupation und Kriegsführung beteiligt hatten, fanden hier den Tod durch das Fallbeil.

    Die mittlere Tafel zeigt die beiden französischen Frauen nebst Lebensdaten. Hier steht:

    France Bloch-Sérazin
    * 21. Februar 1913
    † 12. Februar 1943

    Suzanne Masson
    * 10. Juli 1901
    † 1. November 1943

    Diese beiden französischen Frauen wurden wegen ihres Widerstandes gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft im besetzten Frankreich in diesem Gefängnis mit dem Fallbeil enthauptet.

    Die rechte Tafel zeigt die Bilder der Lübecker Märtyrer samt Lebensdaten:

    In diesem Gefängnis, wo in den Jahren der Gewaltherrschaft viele als Opfer ihres Glaubens oder ihrer Gesinnung starben, wurden am 10. November 1943 auch die drei römisch-katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange sowie der evangelisch-lutherische Pastor Karl-Friedrich Stellbrink, alle aus Lübeck, hingerichtet.

    Johannes Prassek
    * 13. August 1911

    Eduard Müller
    * 20. August 1911

    Hermann Lange
    * 16. April 1912

    Karl-Friedrich Stellbrink
    * 28. Oktober 1894

    Mit dem Mahnmal Hier + Jetzt wird ebenfalls aller Justizopfer zwischen 1933 und 1945 gedacht. Somit auch den sechs Menschen auf den schlichten Blechtafeln an der Rückwand des Untersuchungsgefängnisses.

    Quellen: